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La Trottineuse. Aufzeichnungen von einer Reise um die Welt mit dem Tretroller. Teil 2.

Blandine führt ein einfaches Leben, schon das dritte Jahr streift sie mit ihrem Tretroller durch die Welt. Lassen Sie uns gemeinsam Einblick nehmen in Blandines Reiseaufzeichnungen, denen bereits über 5 000 Menschen aus den verschiedensten Ecken der Welt auf Facebook folgen. Sie sind genauso ungewöhnlich wie Blandine selbst, die mit ihrem Nomadentum eine bewusstere Lebensart praktiziert. Wir haben die Einträge willkürlich ausgewählt, so wie sie uns gerade gefallen haben.

Laos

Parabolantennen, wo du auch hinschaust

Ein Schamane singt auf der Türschwelle theurgische Lieder, wobei er mit winzigen Glöckchen und Zimbeln klingelt. Frauen im Sarong waschen ihre langen schwarzen Haare, ihre Kleidung und Geschirr. Ein Mann wäscht sich energisch, bis der weiße Schaum seinen ganzen olivfarbenen Körper bedeckt. Ein halbnacktes Kind hat Freude am Radfahren im Regen. Unterm Vordach quellen Rauchschwaden, der Duft von feuchtem Holz und Klebreis hervor. Und genauso wie in allen abgelegenen Dörfern, durch die ich in der ganzen Welt gekommen bin, ragen auch hier Parabolantennen auf und an den hiesigen Ständen liegen Haufen von in Plastikfolie verpackten süßen Riegeln.

 Zu lauter Wald

Noch niemals bin ich in einem so lauten Wald gewesen. Oft verwechsele ich das Zirpen der gigantischen Zikaden mit dem kreischenden Geräusch einer Säge. Ähnlich lässt auch das Knacken der unter feuchten Blättern ächzenden Baumstämme oder das Echo eines Wasserfalls, der vom Felsen zurückgeworfen wird, an Geräusche denken, die durch menschliche Tätigkeit hervorgerufen werden.

Ein gewöhnlicher Morgen

Draußen wird es Tag, irgendwer wäscht sich in dem Wasser, das gleich neben den auf Stelzen gebauten Holzhütten aus der Erde hervorquillt. Asiatische Kühe weiden im betauten Gras, Hunde bellen, sie wittern einen Farang – einen weißen Ausländer aus dem Westen, mich. Ich bin die wandelnde Metonymie der weißen Rasse.

Die allerersten Frühaufsteher machen sich bereits auf geheimnisvollen Feldwegen auf zu Bäumen, die sich unter reifen Früchten biegen - Macheten, Haken und geflochtene Körbe in den Händen. Wenn ich in der Morgendämmerung durch Bergsiedelungen fahre, spüre ich mehr als sonst die Ungehörigkeit, mit der ich in die Intimität der Dörfler eindringe, deren Tagesrituale ich übernehme.

Begegnung zweier Landstreicherinnen

Eine junge Frau betritt die Hütte, in die ich mich vor der Nacht und den andauernden Regengüssen gerettet habe. Sie trägt eine große, vollgepackte Stofftasche. Ich dachte, ihr würde die Hütte gehören und entschuldigte mich für meine Anwesenheit. Bald begriff ich aber, dass sie, genau wie ich, einfach nur vorbeigekommen und froh ist, wenigstens für ein Weilchen dem Regen entkommen zu sein.

Sie bemerkte meine nasse Kleidung, die ich in der verzweifelten Bemühung, sie in der regengeschwängerten Luft zu trocknen, überall in der Hütte aufgehängt hatte. Sie sammelte ein paar Stücke verkohlten Holzes, nasse Scheite und schaut sich nach etwas um, womit sie Feuer anmachen könnte. Sie nimmt drei Plastikdeckel und zündet sie an. Bald darauf wälzt sich Rauch aus unserer Hütte und wir beide trocknen Seite an Seite sitzend gemeinsam unsere Kleidung überm Feuer. Eine Stunde später läuft die Frau kurz raus und kommt mit zwei Maiskolben zurück, die sie auf die Glut legt. Dann geht sie wieder und mir wird klar, dass sie nur gekommen ist, um sich um mich zu kümmern.  

Was tue ich hier? Wovon bin ich gerade Zeuge gewesen? Nach so vielen Kilometern, so vielen Staaten und Jahren auf der Suche nach einem einfachen Leben und einem fairen Zusammenleben meditiere ich darüber, wo die moderne Welt hinstrebt. Musste ich erst bis hierherfahren, um einen autochthonen Menschen – einen Ureinwohner – zu erleben, wie er mit Plastik Feuer anmacht?  

Einen Tag später und 20 Meilen weiter bin ich wieder auf sie gestoßen, sie saß in der Nähe eines Wasserfalls und aß Mais. Auf der Schulter hatte sie immer noch (wie lange schon?) ihre voluminöse Tasche und an den Füßen Badelatschen. Ich wusste nicht, woher sie kam und wohin sie ging. Sie lachte nur. Eine Landstreicherin, wie es sich gehört. Neben ihr kam ich mir ganz winzig vor. Dadurch, dass sie sich um mich kümmerte und mir wortlos Essen gab, bezog sie mich in ihre Welt ein. Genauso, wie das der Laureat der Tiefenökologie und Umweltaktivist Gary Snyder sagt: Damit ein Ökosystem voll funktionieren kann, müssen alle Mitglieder einbezogen werden.

 Vietnam

Erinnerung an Conrad, Coppola, Kubrick und andere

Mit dem Gefühl, dass man unausweichlich in den feuchten Bauch der gesättigten Flora eingetaucht ist, mit der Unmöglichkeit, irgendetwas zu trocknen. Mit den Schösslingen, Stämmen, gekräuselten Pflanzen und Riesenblättern, die sich überall hinstrecken und sich zu einem undurchdringlichen Netz verweben, sobald man nur einmal vom ausgetretenen Weg abweicht.

Mit den warmen Regengüssen, dem Staub, der blind macht, mit dem langsamen Vorwärtskommen und den vorsichtigen Schritten auf verräterischen Hügeln, mit all dem kamen bald auch Bilder, gestützt durch moderne westliche Vorstellungskraft – nicht enden wollende Aufmärsche von Soldaten in voller Feldausrüstung, klebrige Kleidung, strauchelnde, durchnässte Beine, die in den unruhigen Wässern des hiesigen Dschungels einher stapfen, wochenlange Regengüsse, der Regen, der auf die Helme fällt, Granatregen, flüssige Napalm-Schleier, scharfe Macheten und Hubschrauberflügel, die Holz und Wolken zersplittern, fiebrige Blicke, steigende Finsternis im Menschen und nicht enden wollende Märsche durch undurchdringliche Vegetation, die den Menschen wahnsinnig macht. Das Herz der Finsternis, ein nächtlicher Wirbel, Feuer, das die Seele verzehrt, all das brachte mich naiverweise zu Gedanken an Conrad und Coppola, Kubrick, Zemeckis und Kipling.

Es ist eine Illusion zu glauben, dass man in ein unbekanntes Land wie in ein unberührtes Territorium kommen, sich vorstellen kann, dass man die reine Essenz der Welt begreifen kann und dass einem dabei die Erfahrung als Reisender hilft. Lerne lieber diese seltsame Chimäre zu beobachten und willkommen zu heißen, die aus dieser Begegnung hervorgeht und die unsere ältesten Ängste und Träume aufdeckt.

La Trottineuse

Mehr Fotos und Infos finden Sie auf Blandines Webseiten www.wot.latrottineuse.com. Sie können sie auch per Facebook www.facebook.com/latrottineuse verfolgen.

Unterstützung

Blandine kann nur dank der Menschen, die sie unterstützen, fahren und ihre Abenteuer mitteilen. Jede auch noch so kleine Münze ermöglicht ihr, ihre Suche nach einer ethischen und glücklichen Lebensart für uns alle fortzusetzen. Wenn auch Sie einen Beitrag dazu leisten wollen, dann klicken Sie auf www.wot.latrottineuse.com/en/donations-and-books.

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